Mit 1 PS zur großen Liebe

Heute geht nichts mehr ohne Auto, Handy und Hightech. Für viele junge Menschen unvorstellbar, wie es „seinerzeit“ im Tal wohl zugegangen sein mag.

Hans Waldner, vulgo Niggl, hat uns zwei Episoden aus St. Lorenzen erzählt, die das Leben heute wohl nicht mehr schreiben könnte.

 

Mit 1 PS zur großen Liebe erzählt von Hans Waldner

Wer heute mit dem Auto von St. Lorenzen nach Bad Bleiberg fährt, der muss rund 35 Minuten in Kauf nehmen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das mangels fahrbaren Untersatzes eine halbe Weltreise, die man wohl nur selten auf sich nahm.

Ein Pferd

Ganz anders dachte darüber der junge Bauer aus St. Lorenzen, der sich ausgerechnet in ein junges Mädchen aus Bad Bleiberg verliebt hatte. Die rund 40 Kilometer stellten für den Mann kein Hindernis dar. Nächtelang schlich er sich aus dem Haus, nahm heimlich das Pferd aus dem Stall und ritt bis zu seiner großen Liebe. Die Uhr tickte gnadenlos, denn das Pferd musste rechtzeitig wieder im Stall stehen, wenn der Altbauer in der Früh seine Runden machte. Die rund zwei Stunden Heimritt mussten Pferd und Reiter daher im Dauer-Galopp hinter sich bringen, um nicht entdeckt zu werden.

Als der Altbauer in der Früh in den Stall kam, war das Pferd zwar anwesend – aber vollkommen verschwitzt und müde. Die Bauern im Dorf begutachteten das Tier – die Diagnose war bald gestellt: Eindeutig, der Gaul musste eine Kolik haben! Als die „Symptome“ jedoch viele Tage hintereinander auftraten, kam man dem jungen Burschen dann doch auf die Schliche. Unüberliefert blieb, ob sich der körperliche Einsatz von Mann und Pferd ausgezahlt haben, um das junge Mädchen für das Gitschtal zu gewinnen.

Telefonnachricht auf Umwegen erzählt von Hans Waldner

Mütter, die heute ein Frühchen zur Welt bringen, bleiben zumeist gemeinsam mit dem Neugeborenem im Krankenhaus. Noch ganz anders  war das zu Beginn der 1970er Jahre.

Ein Telefon

Die Bäuerin aus St. Lorenzen wurde heimgeschickt, das zu früh geborene Kind blieb im Krankenhaus. Dort wurde es fünf Wochen lang gehegt und gepflegt bis es endlich die notwendigen drei Kilo für die Entlassung erreicht hatte. Die Krankenschwester aus Villach rief an, dass man nun das Kind abholen könne.

Doch die Telefonanschlüsse in St. Lorenzen waren rar – es gab nur „Viertelanschlüsse“ und diese auch nur in wenigen Häusern. Der Telefonanruf aus dem Krankenhaus landete daher im Kaufhaus Peturnig bei „Bäck´n Erna“. Die alte Frau notierte auf einem Zettel „Kind abholen“ und beauftragte ein vorbeilaufendes Mädchen damit, den Zettel ins Bauernhaus der Eltern zu bringen. Das Kind traf jedoch niemanden an und legte den Zettel mit der wichtigen Nachricht einfach in der Labe auf das Tischerl. So kam es, dass die Eltern des Neugeborenen die Botschaft aus dem Krankenhaus erst am Abend zufällig fanden und das Baby natürlich sofort im Krankenhaus abholten. Aus dem Frühchen ist übrigens ein stattlicher Mann geworden, der heute gemeinsam mit seinen Eltern über die Geschichte lachen kann.

Ein Gitschtaler Einwohner

Hans Waldner

Mit 1 PS zur großen Liebe Telefonnachricht auf Umwegen